Erklärung

Gemeinsam kämpfen!

Feministische Widerstandstage
für ein selbstbestimmtes, solidarisches Leben

gegen Gewalt gegen Frauen, gegen Rassismus und Sozialabbau
vom 9. - 12. September 2004 in Berlin

Wir wollen

  • die politische und gesellschaftliche Dimension von Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Lesben und Gewalt gegen Transgender wieder verstärkt ins öffentliche Bewusstsein rücken
  • den menschenverachtenden rassistischen Normalzustand zum Thema machen und durchbrechen
  • zusammen diskutieren, Aktionen machen, lachen, kämpfen und Perspektiven entwickeln

Warum feministische Aktionstage?

Die aktuelle Politik in der BRD bedeutet eine massive Verschlechterung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen. Vereinzelung, Verarmung und ungesicherte Arbeitsverhältnisse gehören zu den zentralen Folgen dieser Politik. Weltweit verschärfen sich die Lebensbedingungen durch die immer größere Ausbreitung der kapitalistischen Globalisierung und deren Verwertungsstrategie. In allen Lebensbereichen sind besonders auch Frauen mit Zwang und Kontrolle, Ausgrenzung und Entrechtung, Erniedrigung und unmittelbarer Gewalt, sozialen Kürzungen, Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen konfrontiert.
Gewalt- und Unterdrückungsverhältnisse funktionieren nur, wenn sie zur Normalität erklärt werden und wenn sie durch das Verhalten jeder/s einzelnen stabilisiert werden.

Laut UNICEF ist Gewalt gegen Frauen die häufigste Menschenrechtsverletzung -
die herrschende Politik sorgt dafür, dass dies so bleibt

In den 70er Jahren haben Frauen das Problem der männlichen Gewalt vermehrt enttabuisiert. Die im Privaten verborgene und verheimlichte Gewalt und Herrschaft wurde und wird durch die Frauenbewegung öffentlich thematisiert und damit politisiert. Die Politik wurde aufgefordert, die Verantwortung für das gesellschaftliche Problem zu übernehmen. In Zeiten angeblich knapper werdender Mittel erhalten notwendige frauenspezifische Angebote keine ausreichende oder überhaupt keine finanzielle Unterstützung, viele Einrichtungen existieren nicht mehr und weitere verlieren Jahr für Jahr ihre Existenz. Ein Beispiel hierfür sind die weitreichenden Beschneidungen der Autonomie und finanziellen Mittel der Frauenhäuser. Frauen, die eine Gewaltsituation beenden wollen, soll die freie Wahl des Zufluchtortes genommen werden. Entlang der rassistischen Schere sollen Migrantinnen mit Duldung keinen Schutz mehr in Frauenhäusern finden.
Keine Schließung der Frauenhäuser!
Für autonome feministische Projekte !

Gegen das Patriarchat
Eine Grundlage dieser Gesellschaft ist das Patriarchat. Im Patriarchat sind Frauen/Mädchen/Lesben/ Transgender von Männergewalt, Diskriminierung und Ausbeutung – strukturell und individuell – betroffen.
Wir sind mit Rollenzuschreibungen und Zwangsheterosexualität konfrontiert, da dass Patriarchat auf Zweigeschlechtlichkeit basiert.In diesem Sinne ist es für die patriarchale Ordnung notwendig, dass jeder Mensch einem Geschlecht zugeordnet wird und sich selbst zuordnet. Besteht bei der Geburt keine eindeutige Geschlechtszuordnung (Intersexualität) entlang der Meßlatte für Männlein und Weiblein, wird die frisch geborene Person durch medizinische Eingriffe zurechtoperiert. Das Transsexuellengesetz (TSG) definiert transidentische Menschen als krank und zwingt sie zu weitgehenden Maßnahmen, um eine Eindeutigkeit des Geschlechts zu erreichen. Transsexualität hat so viele Gesichter, wie es Transsexuelle gibt.
Solange das dualistische Denken Platz in unseren Köpfen hat ist der Schutz Transsexueller /-identischer Personen durch ein radikal im Sinne der Selbstbestimmung verändertes TSG notwendig.
Weg mit dem patriarchalen Normalzustand!

Gegen Rassismus
Menschen anderer Nationalität, Hautfarbe oder Sprache zu Fremden, „Ausländern“ oder „Asylanten“ zu machen ist die Wurzel des nationalistischen gesellschaftlichen Konsens. Ohne diesen nationalistischen Konsens wäre es unmöglich, dass der größte Teil der Bevölkerung es als positiv und richtig erachtet, dass Flüchtlinge und MigrantInnen über die Asyl- und Ausländergesetze kriminalisiert und illegalisiert werden.
So bedeutet das neue Zuwanderungsgesetz z.B. :

  • Flüchtlingen und MigrantInnen werden in für den Arbeitsmarkt erwünscht und unerwünscht sortiert,
  • frauenspezifische Fluchtgründe werden nur vordergründig berücksichtigt, z.B. besteht weiterhin die Nachweispflicht für erlebte sexualisierte Gewalt.

Die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen werden zunehmend eingeschränkt, Flüchtlinge können sich aufgrund der Residenzpflicht nicht frei bewegen und leben unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern und Ausreisezentren, die Abschiebepraxis wird verschärft.Migrantinnenprojekte und Flüchtlingsinitiativen, die sich gegen weitere Einschränkungen ihrer Rechte wehren, sind von Kürzungen betroffen.
Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze!
Bleiberecht für alle!

Gegen kapitalistische Ausbeutung
Unter dem Stichwort Agenda 2010 vollzieht die Bundesregierung einen sozialen Angriff weg vom „Sozialstaat“. Profitmaximierung und Entsolidarisierung lautet die offizielle Devise der Herrschenden.
Ein Beispiel hierfür ist Hartz IV:
Die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bedeutet immer schlechtere Arbeits- und Lebensbedingungen, zunehmende Armut und entgarantierte, rechtlose Arbeit entlang den gesellschaftlich etablierten Hierarchien: erst der Mann dann die Frau, erst die Einheimischen, danach MigrantInnen, Flüchtling, Illegalisierte. Während der feministischen Widerstandstage wollen wir die Situation von Frauen in den Vordergrund stellen: Frauen sind schon jetzt besonders von Armut betroffen, arbeiten unbezahlt oder schlechtbezahlt. Laut Statistischem Bundesamt beträgt der Durchschnittsverdienst von Frauen nur 75% von dem der Männer. Jede weitere Kürzung, wie die geplante Streichung von Zusatzleistungen, trifft sie deshalb besonders hart.
Mit der Entsolidarisierung im Rahmen der sog. Gesundheitsreform sind Frauen, Lesben und Mädchen mit Behinderungen und chronisch Kranke in großem Maße konfrontiert.
Solidarität statt Spaltung!

Gegen Globalisierung
„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“. Dieser von widerständigen Flüchtlingen formulierte Satz konfrontiert uns in wenigen Worten damit, dass kapitalistische Verwertung und globale Ausbeutung von den Industriestaaten ausgeht, in denen wir auch leben. Profitmaximierung kennt keine Grenzen. Hierfür ist jedes Mittel recht. Humanitäre Hilfeleistungen oder die Befreiung unterdrückter Frauen sind nur Vorwände für Kriege, die eigentlich den Zugriff der kapitalistischen Länder auf Arbeitskräfte und Rohstoffe sichern sollen. Wir solidarisieren uns mit all jenen, die gegen Ausbeutung und Herrschaft im Widerstand sind. Mit den Frauen, die in den Weltmarktfabriken für menschenwürdige Arbeitsbedingungen kämpfen, mit den Bauern und Bäuerinnen, die sich gegen die Genpatentierung ihrer Agrarfrüchte wehren, mit den Menschen, die weltweit gegen die Privatisierung der Wasserressourcen kämpfen, mit den Frauen, die an allen Orten gegen Männergewalt Widerstand leisten. Wir wollen einen internationalistischen Widerstand !
Die Welt ist keine Ware - gegen kapitalistische Ausbeutung und Krieg!

Die feministischen Widerstandstage werden von unterschiedlichen Feministinnen und feministischen Gruppen überregional organisiert. In Form von vielfältigen Aktionen wollen wir unseren Zorn und unsere Wut ausdrücken .
Eingeladen sind alle Frauen, Mädchen, Lesben, Transgender, mit oder ohne Behinderung, die gemeinsam Verknüpfungen setzen wollen, wo sie sonst nicht sichtbar sind und sich entgegen der Vereinzelung gemeinsam organisieren.

Kämpfen wir gemeinsam für ein herrschaftsfreies und selbstbestimmtes Leben für alle!
Kommt mit Lust und vielen Ideen nach Berlin!
Beteiligt Euch! Macht Aktionen!